
Bericht von Adolf STIEBER im Spind 5/76:
„Herr Major, sind das wirklich österreichische Piloten?“ fragte einer der typischen Skeptiker der Weltkriegsgeneration einen Offizier und bestaunte die Neunerformation aus 105 Ö, die gerade in der „Viggen – Formation“ über die Köpf der 50.000 Zuschauer am Flughafen Zeltweg brauste. Dies war nur ein Ausdruck der Bewunderung unter vielen. Denn viele der applaudierenden Zuseher verbrauchten zwischendurch mehrere Filme und sorgten dafür, daß der 2. Flugtag unserer Fliegerkräfte auch in den Wochen und Monaten danach im engeren und weiteren Bekanntenkreis zusätzliche Bewunderer fand und finden wird.
Langenlebarn 75 – Ansporn und Verpflichtung
Wir erinnern uns noch an Langenlebarn im September 75, als viele zehntausende Zuseher die Darbietungen unserer Piloten verfolgten. So war es fast selbstverständlich, daß Techniker und Piloten auch heuer beweisen wollten, was man als Militärflieger aller kann und können muß.
Nach einer längeren Zeit der organisatorischen Vorbereitung, die in den bewährten Händen des ältesten Düsenjägerpiloten der Welt, des 62-jährigen Oberst Johann Gamringer lag, rückte der 10. Und 11. September heran.
Man hoffte auf gutes Wetter, doch leider kündigte sich für den Tag der Generalprobe, den 10. September, nach tagelangen Schönwetter eine Schlechtwetterfront an, die auch prompt diese Vorübung vorzeitig abbrechen ließ. Zwar starteten noch alle für den Neunerverband und anschließenden Großverband benötigten SAAB 105 Ö, doch mußten sie kurz darauf froh sein, durch die in Fachkreisen bekannte „Regen- und Nebelsuppe“ in Zeltweg wieder die Rollbahn für die Landung zu finden. Der anschließend einsetzende Dauerregen schien alle Hoffnungen für ein ertägliches Flugwetter am nächsten Tag ertrinken zu lassen.
„Wir fliegen morgen, den 11.September, auf jeden Fall – die Schlechtwetterfront geht vorbei“, ließ ein optimisitischer Oberst Gamringer verlauten und erntete dafür in Kameradenkreise ungläubige bis mitleidige Blicke.
Das Wetter spielte mit
Doch er sollte recht behalten. Die Wolkendecke stieg höher, teilweise verschwand sie ganz und die Zuschauer stürmten bereits ab 10:00 Uhr aus allen Himmelsrichtungen den Fliegerhorst. Die betonierten „begrasten“ Flächen waren mit ca. 100 Hubschraubern und Düsenflugzeugen gerammelt voll und beim Starten und Landen wunderte man sich, daß sich da nichts spießte. Denn irgendein Luftfahrzeug war gerade im Begriff zu starten, andere sammelten sich in einem Warteraum in der näheren Umgebung Zeltwegs und eine dritte Gruppe bot zur selben Zeit einen Programmpunkt.
Es begannen 10 Hubschrauber der Type AB 206 „Jet Ranger“ und erwiesen den Zusehern einen exakt geflogenen Flaggengruß mir der Staatsflagge und den Fahnen der 9 Bundesländer. Während sich unmittelbar danach 9 Fallschirmspringer ebenfalls mit großen Fahnen an den Beinen in die Tiefe stürzten, wärmten sich die „technischen Ballettmädchen“ – ebenfalls AB 206 – auf, um anschließend mit großem Einfühlungsvermögen einen gar nicht so einfachen Tanz vorzuführen. Sie flogen des öfteren aufeinander zu, wie Hummeln, die einander im Fluge auffressen wollten.
In der Folge spuckte die wahrlich nicht formschöne, doch immer verläßliche und leistungsstarke Skyvan 16 Fallschirmspringer in der geringen Höhe von nur 250 m aus.
Kleiner Zwischenfall – toll gemeistert
Der einzige – wenn auch kleine – Zwischenfall ereignete sich bei der Landung der Skyvan. Ein Reifen des Fahrwerkes platzte, der Reifen schien zu brennen – es rauchte. Doch mit stoischer Ruhe hielt der Pilot die Maschine im Gleichgewicht und stellte sie neben der Rollbahn ab. Unsere letzte Neuerwerbung – eine 8-sitzige Schweizer Pilatus Porter-Turbopropellermaschine – flog, nachdem sie ihre extrem günstigen Start- und Landeeigenschaften bewiesen hatte, zum Fliegerhorst Langenlebarn und hollte ein Ersatzrad. Sie landete noch vor Vorführungsende wieder in Zeltweg, die bereitstehenden Flugzeugwarte bekamen die Skyvan noch während der Veranstaltung startklar. Eine tolle Leistung. Nach einem präzisen Verbandsflug von 17 Alouette III demonstrierten 4 dieser alpinbewährten Hubschrauber, wie diese Piloten in Verbindung mit ihrem Flugrettungsteam die fast täglichen echten Einsätze meistern.
Angriff auf den Platz
Wie eine mögliche Luftlandung vorbereitet werden könnte, zeigte 1 Schwarm SAAB 105 Ö, der, aus Süden kommend, direkt über die Zuseher hinwegflog, um mit Bordkanonen und danach mit Napalm den angenommenen Feind in der Luftlandezone zu vernichten. Sekunden nach diesem Feuerzauber brummten bereits die Hubschrauber heran – es waren 16 AB 204 und ein Großraumhubschrauber Sikorsky 65 Ö – und brachten kampfbereite Infanteristen, die sofort einen Großteil des Platzes in Besitz nahmen. Allein der Großraumhubschrauber spie zwischen 40 und 50 Soldaten nebst 2 rPAK aus. Was man mit einer Schulmaschine wie z.B. mit der SAAB-Safir machen kann, führte Vizeleutnant Brandl vor. Mit seiner Maschine gleichsam verwachsen, demonstrierte er, daß nicht nur Doppel- und Dreifach-Decker Loopings drehen und trudeln können.
Während noch 8 Fallschirmspringer mit ihren Gleitschirmen „Strato-Star“ sich am Boden landeten, warteten alle gespannt auf das angekündigte „Mirage-Gastspiel“, wie viele Zeitungen es nannten.
Mirage aus der Schweiz
Und sie kamen. Während sich die 2 Mirage der Schweizer Luftwaffe am Tag der Vorübung mit Hilfe unseres Radars trotz widrigster Wetterumstände immerhin bis Bruck/Mur herangepirscht hatten, war am Flugtag selbst alles klar.
Die beiden Piloten zeigten bei über 1000 km/h einen Rückenflug, eine schnelle Simultanrolle, eine Nachbrenner-Acht und einen Landeanflug, um dann mit deutlich sichtbarem Nachbrenner in mehreren steigenden Rollen wieder in die heimatliche Schweiz sehr wohl mit Überschalljägern den eigenen Luftraum im Krisen- und Neutralitätsfalle „sauber“ halten will.
Hoffentlich wird es auch bei uns einmal so weit sein …
Die „SAAB-Künstler“
Nach dieser gelungenen Schweizer Demonstration zeigten auch die heimischen Piloten, daß sie ihre SAAB 105 Ö bis an die physischen Grenzwerte der Piloten und die technisch begrenzten Möglichkeiten der Maschine voll beherrschten. Ob die berühmten „Silver Birds“ oder die neu entstandenen „Karo As“-Flieger, ob der Einzelkunstflug von Oblt Peter Korak oder die Abschiedsvorstellung unseres Weltmeisters 1974, des inzwischen zum Doktor der Rechte promovierten Major Johann Rathgeb – sie alle ließen vielen Zusehern das Blut in den Adern stocken. Auch wenn die Piloten den Applaus der Zuseher begreiflicherweise nicht hören konnten, so war er doch ein Beweis für die mutigen Leistungen, Kunstflug ist ja ein Teil der militärischen Flugausbildung und somit keine Spielerei.
Mit Formationsflügen des Neunerverbandes und dem anschließenden Überflug eines Großverbandes von 20 SAAB 105 Ö fand dieser Flugtag um genau 17:10 Uhr sein Ende. Kinder, aber auch Erwachsene belagerten anschließend die Piloten und kämpften um Autogramme. „Wir werden am Flugtag 1978 in Hörsching eine Autogrammstunde geben müssen“, meinten die Piloten und wir sind jetzt schon sicher, daß auch der kommende Flugtag alte Flugtaghasen wieder anziehen und neue Anhänger gewinnen wird.